Bekannt ist, dass Frauen finanziell in der Regel schlechter aufgestellt sind als Männer und dass sie einem höheren Risiko für Altersarmut unterliegen. Neu ist, dass sie zudem in der Finanzberatung benachteiligt werden. Das geht aus einer Studie des Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) hervor, über die die Süddeutsche Zeitung exklusiv berichtet hat.
Aus der umfangreichen Studie, für die Daten aus 27.000 Gesprächen zwischen Bankberatern und Kunden ausgewertet wurden, wird die Ungleichbehandlung von Männern und Frauen deutlich. Danach bekommen Frauen in Beratungsterminen bei der Bank oftmals weniger Rabatte auf Verkaufsgebühren als Männer. Zudem ist die Wahrscheinlichkeit um bis zu neun Prozent höher, das ihnen teurere Finanzprodukte empfohlen werden.
Mangelndes Selbstbewusstsein und zu geringes finanzielles Wissen
Voraussetzungen für ein – aus Kundensicht – erfolgreiches Beratungsgespräch sind Selbstbewusstsein, Verhandlungsgeschick und finanzielle Vorkenntnisse. In allen drei Merkmalen schnitten Frauen schlechter ab als Männer. Gründe dafür hat der Bundesverband Deutscher Banken im Frühjahr in seiner repräsentativen Umfrage „Female Finance 2024“ ermittelt.
Danach ist das Interesse an Wirtschafts- und Finanzthemen bei Männern ausgeprägter (45 %) als bei Frauen (24 %). Auch Informationen zu Geld und Finanzen werden von Männern häufiger als (sehr) wichtig (70 %) angesehen, als von Frauen (61 %). Und auch die positive Selbsteinschätzung zum Finanzwissen – Stichwort Selbstbewusstsein – ist laut Umfrage des Bankenverbands bei Männern ausgeprägter (65 %) als bei den Frauen (52 %).
Die Studienautoren des ZEW warnen aber vor der Schlussfolgerung, dass Berater ihre weiblichen Kunden regelmäßig „über den Tisch ziehen“. Die Studie wolle nicht die Qualität und den Nutzen der Beratung infrage stellen. Im Gegenteil: Frauen würden wegen fehlender finanzieller Kenntnisse ohne eine Beratung überhaupt nicht investieren.
Im Umkehrschluss bedeutet das für Berater und Vermittler: Je mehr Wissen und Hintergrundinformationen in den Kundengesprächen vermittelt wird, desto größer wird die Chance für einen erfolgreichen Abschluss.